Die Schweizermeisterschaften in Bern hatten auch aus sportlicher Sicht für die Athletinnen und Athleten der WAB eine hohe Bedeutung. Für den Grossteil des Aufgebots war der Einsatz nicht nur die Premiere bei Schweizermeisterschaften, sondern überhaupt der erste Wettkampf in den noch jungen Karrieren. Im Medaillenspiegel steht einmal Silber und einmal Bronze - beide bei den Frauen. Doch die sportliche Bilanz ist vielschichtiger und wertvoller, als nur der Blick auf das Edelmetall.
Sara Gonzalez mit sensationellem Silber. Perisa Buchmann mit Bronze.
Es passt zur Geschichte der Wrestling Academy Bern, dass ausgerechnet die Frauen für das erste Edelmetall in der Vereinsgeschichte bei offiziellen Schweizermeisterschaften sorgen.
Nicht als Newcomerin, aber mit einem Comeback nach jahrelanger Pause bei Einzelmeisterschaften, wagte sich Sara Gonzalez wieder an die Herausforderung Schweizermeisterschaft. In ihrer stark besetzten Kategorie bekam sie es zum Teil mit routinierten Ringerinnen zu tun. Durch eine fokussierte Leistung, zu der auch schon die gezielte Vorbereitung über die letzten Wochen zu zählen ist, gelangen ihr hervorragende Leistungen, die zu Recht mit der Silbermedaille belohnt wurden. Das erste Edelmetall für die noch junge Wrestling Academy Bern bei offiziellen Schweizermeisterschaften.
Auch Perisa Buchmann stellte sich dem Wettkampf. Motiviert vom heimischen Publikum zeigte sie beherzte Leistungen, vermochte ihre beiden Gegnerinnen in der nur dünn besetzten Gewichtsklasse jedoch nicht zu besiegen. Die Bronzemedaille ist dennoch der verdiente lohn, für souveräne Leistungen und eine hoch professionelle und fokussierte Vorbereitung.
Grosse Träume, harte Realität und Ansporn für die Zukunft bei den Herren
Es wäre nicht ehrlich zu behaupten, dass die WAB-Athleten und das Trainerteam diese Schweizermeisterschaft von Beginn an als Standortbestimmung und erstes Herantasten in Angriff genommen hatten. In den Wochen und Monaten der Vorbereitung wurde das klare Ziel verfolgt, Punkte zu machen und Kämpfe gewinnen zu können. Ungeachtet einer realistischen Einschätzung, zu vor allem der grosse Erfahrungsrückstand gehört, den die meisten WAB-Athleten als Handicap im Vergleich zur Konkurrenz mitbringen, waren die Träume und Ambitionen gross.
Auch wenn es für keinen der 12 Athleten zu Edelmetall reichte, überwiegen doch die positiven Bestandteile der sportlichen Bilanz nach dem nationalen Grossanlass. Die zahlreichen Kämpfe aller Teilnehmer sind eine wertvolle Erfahrung und der berühmte Sprung ins kalte Wasser ist damit geschafft. Bei den nächsten Wettkämpfen wird schon ein klein wenig mehr Routine der Nervosität entgegenstehen. Ein sehr wichtiges Element, um das tatsächliche Leistungsvermögen und das technische Repertoire auch im Wettkampf auf die Matte zu bringen.
Ganz knapp an Edelmetall heran, kam Carlo Lanfranchi im hart umkämpften Gewicht bis 97kg. Durch einen souveränen Sieg in der ersten Runde legte er den Grundstein für diese erfolgreiche Schweizermeisterschaft. Im weiteren Verlauf musste der Titelfavorit Samuel Scherrer vom RC Willisau Lions verletzungsbedingt aufgeben, was Carlo zur Qualifikation für edn kleinen Final um Bronze verhalf. Zur Halbzeit, beim Stand von 7:1 zu Gunsten von Carlo, durften die umstehenden WAB-Athleten und Trainer schon erste Glückwünsche zur ersten Aktiv-Medaille bei den Herren entgegennehmen. Verfrüht! Die alte Weisheit, dass der Kampf erst vorbei ist, wenn der Kampf vorbei ist, zeigte wieder einmal ihre ganze Brutalität. In Führung liegend musste Carlo eine Schulterniederlage hinnehmen und somit den Traum von der Bronzemedaille begraben. So brutal diese Erfahrung in diesem Moment der Niederlage war, so wertvoll wird sie jedoch sein in der Vorbereitung auf weitere Wettkämpfe. Auch der 4. Rang ist in diesem starken Gewicht eine beachtliche Leistung.
"Es ist viel wertvoller für uns, klare Fehler zu erkennen und konkret zu sehen, an welchen Themen wir technisch und auch taktisch noch arbeiten müssen", betont die zufriedene Cheftrainerin Nadine Pietschmann. "Nichts wäre schlimmer als zu verlieren und nicht zu verstehen warum - diese Sorgen haben wir zum Glück nicht."
Aus dieser Einschätzung lässt sich ganz klar ablesen, dass die WAB-Athletinnen und Athleten sich ihrem aktuellen Entwicklungsstand sehr bewusst sind, diesen aber als Ansporn und Motivation sehen, beim nächsten Mal wieder anzugreifen.
"Im Moment sind wir die Neuen", stellt Dominik Rothen (WAB-Athlet) richtig fest. "Wir haben sehr viel zu Gewinnen und wenig zu verlieren, wenn wir auf die Matte gehen. Bei den meisten unserer Gegner ist es genau andersherum. Auch darin liegt eine Chance."
Das nächste Mal stehen einige WAB-Athleten bereits am kommenden Samstag bei den Schweizermeisterschaften im Griechisch-Römischen Stil im Einsatz. Schon dann gibt es unter gleichen Voraussetzungen wieder die grosse Chance Träume zu Verwirklichen und mindestens, wertvolle Erfahrungen zu sammeln.